Krimioper "The Lighthouse" im Malakoffturm

Einen Opernkrimi ohne Leichen inszeniert der Bottroper Regisseur Thomas Grandoch im Malakoffturm. Mit „The Lighthouse“ setzt Grandoch seinen Stil fort, Industriekulissen des Ruhrgebiets in seine Arbeiten einzubinden. Im vergangenen Jahr hat er anlässlich der Ruhr.2010 die Oper Aida auf der Bergarena der Halde Haniel inszeniert. Mit der Oper des Briten Peter Maxwell Davies greift Grandoch auf weitere Akteure des Kulturhauptstadt-Jahres zurück.

Nach dem großen Erfolg mit der szenischen Produktion von Mozarts „Schauspieldirektor“ und dem „Wundertheater“ von Hans Werner Henze im Rahmen des Festivals zur Europäischen Kulturhauptstadt Ruhr.2010 wagt sich das Bottroper Kammerorchester erneut an einen Opernabend. Der „KlangTurm“ Malakoff wird zur Spielstätte für modernes und packendes Musiktheater. Unter der musikalischen Leitung von Kai Röhrig und in einer Inszenierung von Thomas Grandoch wird am 29. und 30.Oktober das Meisterwerk des zeitgenössischen Komponisten Sir Peter Maxwell Davies aufgeführt. Damit wird der Malakoffturm erneut zur Opernbühne: der Turm wird zum Leuchtturm.

Ein Opernkrimi ohne Leichen: Vor Gericht wird das mysteriöse Verschwinden dreier Leuchtturmwärter verhandelt. Drei Offiziere sollten vor Ort nach Hinweisen suchen und werden nun befragt. In ihrer Erinnerung begeben sich die Offiziere nochmals auf die Reise in den unheimlichen Turm. Die Suche nach Beweisen war erfolglos. Stattdessen wurden sie mit den dunklen Seiten ihrer eigenen Persönlichkeiten konfrontiert. Stets steht die Frage im Raum nach Wahrheit und Wirklichkeit. Die Ereignisse jener Sturmnacht verschwimmen mit Wahn, Einbildung oder bewusster Lüge. Geht es in „The Lighthouse“ um übernatürliche Geschehnisse, oder sind die Ereignisse ganz im Gegenteil auf die Schattenseite allzumenschlicher Schwächen zurückzuführen? Dies ist die zentrale Frage, die Regisseur Thomas Grandoch an die Oper stellt und an jener spannungsgeladenen Industrie-Spielstätte in Bottrop auf den Grund geht.

Der Malakoffturm in Bottrop ist der Inszenierungsort der neuesten Produktion "The Lighthouse" des Regisseurs Thomas Grandoch. Foto: Stadt Bottrop
Der Malakoffturm in Bottrop ist der Inszenierungsort der neuesten Produktion "The Lighthouse" des Regisseurs Thomas Grandoch. Foto: Stadt Bottrop

Der mit zahlreichen Ehrungen und Titeln gewürdigte Komponist Sir Peter Maxwell Davies (Jahrgang 1934) steht in der Tradition großer britischer Komponisten des 20. Jahrhunderts wie Edward Elgar, Ralph Vaughan Williams und Benjamin Britten und gilt heute als bedeutendster lebender Vertreter seiner Zunft in Großbritannien. Er fand seine Wahlheimat auf den sturmumtosten Orkneyinseln im Norden Schottlands. Die zerstörerische Gewalt der Nordsee und das Leben von Fischern und Seeleuten hat er in vielen seiner Kompositionen thematisiert. Die Handlung von „The Lighthouse“ basiert auf einem wahren Ereignis: Im Dezember 1900 hatten drei Wärter den Leuchtturm der Flannan Inseln auf den äußeren Hebriden scheinbar in aller Eile verlassen. Ihr Verschwinden blieb trotz mehrerer Untersuchungen unaufgeklärt und bot somit Stoff zur Legendenbildung.

Peter Maxwell Davies versucht keine historische Rekonstruktion der Ereignisse, erweckt aber die Schilderung der mit der Untersuchung beauftragten Offiziere Wärter zum Leben. Davies selbst verfertigtes Libretto und seine Musik vermögen es, jene Atmosphäre von erdrückender Enge, Wahnsinn und übermächtigen Naturgewalten in der Phantasie des Publikums entstehen zu lassen. Er verwendet dabei eine unerhört vielseitige Palette von Klangfarben und Ausdrucksmerkmalen. Für die drei Leuchtturmwärter entwirft Davies äußerst differenzierte und profilierte Charakterstudien und lotet damit musikalisch die Abgründe der menschlichen Psyche aus. Seine Thriller-Kammeroper „The Lighthouse“ wurde 1980 in Edinburgh uraufgeführt und entwickelte sich zum Welterfolg.

Kai Röhrig widmet sich dem zeitgenössischen Musiktheater. So dirigierte er in Salzburg Uraufführungen mit Musik von Michael Nyman, Joel Diermayr, Herbert Grassl und Hossam Mahmoud, in Passau leitete er im November 2010 die Uraufführung von „The Golden Key“ von Mieczyslaw Vainberg. In Passau wird er im Dezember 2011 die Premiere der Oper „Luci mie traditrici“ und im Sommer 2012 wiederum in Salzburg die Uraufführung der Kirchenoper „Tassilo“ von Herbert Grassl dirigieren. Nach den von positiver Resonanz begleiteten Aufführungen der Oper „Das Wundertheater“ von Hans Werner Henze im Rahmen des Festivals zur Europäischen Kulturhauptstadt RUHR.2010 hatte Kai Röhrig die Idee, mit dem Bottroper Kammerorchester ein zentrales und bedeutendes Werk des zeitgenössischen Musiktheaters in Bottrop aufzuführen. So wird der KlangTurmMalakoff also in diesem Jahr zum Schauplatz des „Leuchtturms“. Sir Peter Maxwell Davies lernte Kai Röhrig während der Arbeit an dessen Kirchenoper „The Martyrdom of St.Magnus“ im Rahmen des „Carinthischen Sommers“ 2004 kennen und dirigierte seither mehrere seiner Werke, so zum Beispiel „Eight Songs for a Mad King“. An Davies beeindruckt ihn dessen universelle Begabung als Komponist, Musiker, Dirigent und Pädagoge sowie seine Fähigkeit, Töne in sprechende Musik zu verwandeln und mit humanistischen Idealen zu verknüpfen. Röhrig sieht ihn als Vertreter einer spezifisch britischen Musik, die traditionsverbunden und geschichtsbewusst ist und gleichzeitig Eigenständigkeit und eine persönliche Handschrift besitzen. Musik, die kommunizieren kann ohne ihren Kunstanspruch rechtfertigen zu müssen.

Thomas Grandoch (Jahrgang 1983) tritt im Ruhrgebiet seit 2003 mit ungewöhnlichen, industriekulturellen Theaterinszenierungen in Erscheinung. Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ im Alten Schalthaus auf dem Zechengelände Prosper 2 und Jean 4/4 Genets „Die Zofen“ open air auf dem Hochplateau einer Abraumhalde sind zwei Inszenierungen. Am Berliner Hansa Theater war er verantwortlich für Off-Broadway Musicals und zeigte hier erste Regiearbeiten im Musiktheaterbereich. Es entstanden „Marry Me A Little“ von Stephen Sondheim, und „Der geschenkte Gaul“, im Rahmen der Berliner Feierlichkeiten für Hildegard Knef. Zuletzt feierte Thomas Grandoch einen großen Erfolg mit einer open-air Inszenierung von Verdis Oper „Aida“, die im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt Ruhr.2010 aufgeführt wurde.

Sein Studium der Audiovisuellen Kommunikation und Neue Medien an der Universität der Künste Berlin erweiterte seine Perspektive auf das „Medium Theater“ und verführt ihn dazu, Grenzen einzelner Mediengattungen zu überschreiten.

Darsteller der Kammeroper sind Hartmut Kühn, Gavin Taylor und Nikolaus Meer. Der Tenor Hartmut Kühn stammt aus Oberhausen, arbeitete bereits mit den Dirigenten Claudio Abbado und Marc Minkowski zusammen und machte sich auch als Interpret von zeitgenössischer Musik einen Namen. Der englische Bariton Gavin Taylor ist mit der Musik von Peter Maxwell Davies eng vertraut, dessen „Eight Songs for a Mad King“ führte er im vergangenen Jahr am Staatstheater in Schwerin und im Rahmen von Ruhr.2010 mit den Bochumer Symphonikern auf. Der Bassist Nikolaus Meer verfügt über ein breitgefächertes Opernrepertoire und sang während seiner Engagements in Ulm und Magdeburg alle wesentlichen Rollen seines Faches, mit der Bass-Partie aus „The Lighthouse“ war er im Jahr 2009 bereits am Landestheater Detmold zu erleben.

Die Aufführungen sind am Samstag und Sonntag, 29. und 30. Oktober, jeweils ab 19.30 Uhr im Malakoffturm, Knappenstraße 33 in Bottrop. Der Eintritt kostet 18 Euro (ermäßigt 11 Euro). Karten gibt es im Vorverkauf unter der Telefonnummer 02041/703308.