Joseph Dortort ist verstorben

Im Alter von 83 Jahren ist nun in London Joseph Dortort verstorben. 1928 war er in Bottrop geboren worden und verbrachte hier seine ersten Lebensjahre. Dann musste er nach der „Kristallnacht“ 1938 fliehen, weil er und seine Familie als Juden verfolgt wurden. Er kam mit seinem älteren Bruder Emil über Belgien nach Frankreich. Hier lebten die Geschwister mit 100 anderen jüdischen Kindern aus Deutschland und Österreich einige Jahre in dem südfranzösischen Schloss La Hille.

Dank der Unterstützung von französischen Bauern, Schweizer Lehrern und Rot-Kreuz-Mitarbeitern überlebten die meisten Kinder. Doch Emil Dortort wurde 1943 von hier nach Drancy verschleppt und ist in dem Konzentrationslager Majdanek/ Lublin ermordet worden. Joseph Dortort schloss sich gemeinsam mit anderen Jugendlichen aus La Hille 1944 im Alter von 16 Jahren dem örtlichen bewaffneten Widerstand an und kämpfte gegen deutsche und französische Faschisten. Er hat als Einziger seiner Familie überlebt, ließ sich schließlich in der Nähe von London nieder.

Nach 65 Jahren besuchte Joseph Dortort im Jahr 2004 erstmals wieder seine ehemalige Heimatstadt. Der Bottroper Jörg Wingold war Spuren von Bottroper NS-Opfern nachgegangen und hatte so den Kontakt zu ihm gefunden. Mehrmals war Dortort seither zu Gast in Bottrop und zeigte immer großes Interesse am hiesigen Geschehen. Besonders die zahlreichen Begegnungen mit Schülern hatten bei ihm positive Eindrücke hinterlassen. „Diese Generation ist eine gute Hoffnung“, so drückte er es aus. Vor dem ehemaligen Bottroper Wohnhaus der Familie in der Kirchhellener Straße 46 wurden von dem Kölner Künstler Gunter Demnig vor einigen Jahren „Stolpersteine“ zur Erinnerung an seinen Bruder Emil, seine Schwester Martha und seinen Vater Julius verlegt, die alle ermordet wurden. Auch für Joseph Dortort wurde 2009 ein „Stolperstein“ hinzugefügt, um so die Familie wieder zusammenzuführen.

Die Cyriakusschule, seine ehemalige Schule, die auch die Patenschaft für seinen „Stolperstein“ übernommen hatte, hat im letzten Monat ein Buch über sein bewegtes Leben herausgegeben, das Grundlage für den Unterricht insbesondere an Grundschulen ist. „Diese braunen Stiefel - Die Geschichte einer Kindheit in der NS-Zeit mit einem guten Ende“, so lautet der Titel der Schrift, deren Entstehung Joseph Dortort mit großem Interesse begleitet hat.

Derzeit erinnert die Ausstellung „Kein Kinderspiel. Jüdische Kinder während des Zweiten Weltkrieges“ im Kulturzentrum August Everding auch an das Leben von Joseph Dortort und an das von anderen jüdischen Kindern aus Bottrop. Am Donnerstag, den 27. Oktober, wird Stadtarchivleiterin Heike Biskup in einem Vortrag nähere Einblicke in das Leben und die Schicksale jüdischer Kinder in Bottrop geben. Was geschah mit ihnen während der Nazizeit? Viele Schicksale liegen im Dunkeln, da die Dokumentenlage sehr lückenhaft und dürftig ist. Doch es sind einige Akten und Erinnerungen vorhanden, die kleine Einblicke geben. Auch das Leben von Joseph Dortort wird ein Thema des Vortrages sein. Die Veranstaltung im Stadtarchiv im Kulturzentrum August Everding beginnt um 18 Uhr.